Roland Ernst Literatur

Mit den Biografien des Schauspielers Karl Obermayr und des Henkers Johann Reichhart habe ich mich zwei sehr realen, außergewöhnlichen Charakteren gewidmet. Meine größte Leidenschaft gilt aber der Belletristik, der ich mich in Kurzgeschichten, Novellen und Romanen widme.

Schreiben ist für mich immer auch Konzentration auf die eigene Seele und damit das atmosphärische Erkennen der Vergangenheit in der Gegenwart. Die Wiedergabe dieser Atmosphäre beginnt mit empfindsamer Genauigkeit, die ich in verschwenderischer Schönheit direkt nacherlebbar machen möchte.

Die Figuren in meinen Geschichten sind meistens sehr normale Menschen, die in Situationen geraten, in denen sie den Todesstreifen ihrer eigenen Gewissheiten betreten und ihr Leben dadurch eine Wendung nimmt, als beginne damit eine neue Existenz.

In der digitalen Epoche verschmelzen Lesen, Hören und mediales Erfahren von Literatur immer mehr zu einer gleichschwingenden Einheit. Mit meinem Schaffen will ich auch Neuland betreten – Neuland für die verschiedensten, zukünftigen Publikationsformen und damit die Erweiterung sprichwörtlicher Erfahrung von Literatur.

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Neueste Episoden

Unbefleckte Empfängnis

Unbefleckte Empfängnis

23m 52s

Den Blick des Gerichtsmediziners, mit dem dieser von lechzender Neugierde erregte Mensch in meinen geöffneten Brustkorb schauen wird, werde ich nicht mehr erleben, mich nicht einmal dafür schämen können, ein bisschen zu viel auf die Waage zu bringen. Sachlich gesehen: durchaus stattliches Körperfett, Leberverfettung, mein schlaffer, enttäuschender Herzmuskel ist auch so ein wunder Punkt wie meine vergrößerte Schilddrüse, plumpes Muskelgewebe und zu schwaches Lungenvolumen werden keine Rolle mehr spielen. Keine Vorwürfe mehr, die Dinge der Welt werden ohne mich weitergehen. Lehrbuchhaft wird mein Ableben sein, eine grandiose, aber abgeschmackte Fiktion, fürchte ich, nur mir wird sie bitterer Ernst sein. Jetzt...

Gualdo Tadino

Gualdo Tadino

34m 37s

Dieser Herbst hatte tatsächlich ein paar warme, beinahe noch hochsommerliche Tage. Über Gualdo Tadino fristete die umbrische Oktobersonne über Gebühr ihre heißeren Stunden dieses bereits sehr brüchigen, eigentlich schon längst vergangenen Sommers. Selbst am Abend konnte man noch einen Espresso oder den üblichen Aperitivo auf der Terrasse eines der Cafés nehmen und noch einmal unter den dunklen Trauerzypressen schlendern, die die unebenen Wege säumten.
Krista war am Nachmittag mit ihrem Mann angekommen. Mit seinem weißen Haar und seiner beeindruckenden Adlernase war er eine schon heilige Erscheinung mit dem auch noch exaltiert klingenden Vornamen Bartholomäus. In der Tat war auch er...

Im Schatten kreisender Vögel

Im Schatten kreisender Vögel

61m 13s

Danny musste endlich den Psychiater anrufen. Es blieb ihm keine andere Wahl, wenn er jetzt noch einmal die Kurve kriegen wollte. Er war bis zu diesem Zeitpunkt seit vier Monaten trocken gewesen, aber nun? Dieser verfluchte Augenblick, als ihn seine Frau Dorit hinausgeworfen hatte, und er sich ein Zimmer in der Nähe ihrer einst gemeinsamen Wohnung nehmen musste, der Kinder wegen, hatte ihm den Boden unter den Füßen weggerissen. Eines ihrer beiden Kleinen war ziemlich auffällig, zappelte viel herum, lernte nur schwer sprechen, während das andere mit zwei Jahren still, fast stumm, war, und nur etwas sagte, wenn es gefragt...

Die sonderbare Stille in der Unruhe

Die sonderbare Stille in der Unruhe

39m 16s

Der ältere, stets elegant gekleidete Herr wartete fast jeden Morgen gegen acht Uhr auf den Bus, und Isolde wartete mit ihm. Sie warteten nicht zusammen, aber doch gemeinsam. Sie stand in seiner Nähe, und er schien es nicht einmal zu bemerken. Mit konsequenter Regelmäßigkeit schaute er nach ein paar Augenblicken immer nervös auf seine Uhr, in wenigen Minuten würde der Bus kommen. Sie wollte immer nur so lang warten, bis er eingestiegen und abgefahren war, um dann, wenn er noch einmal aus dem Fenster zu ihr schauen sollte, so zu tun, als warte sie auf einen anderen Bus. Aber er...